An die Hellebarden Garden-Zwerge

Schweizergarde hat Nachwuchsprobleme: Kleinste Armee der Welt nimmt Kleinwüchsige auf

Wenn schon Armee, dann diese: Schmucke Uniformen, nix mit Wehrpflicht und ABC-Waffen, keine Eurofighter, keine übermäßig hohe Sollstärke. Die Schweizergarde ist mit Sicherheit die kleinste Armee der Weit, und vielleicht auch deren friedlichste - wenn es so etwas überhaupt gibt. Und sie kämpft um ihr Überleben.

Die Truppe hat Nachwuchsprobleme. Nein, nicht wegen des Wegfalls der Wehrpflicht. Seit jeher werden bei der Vatikanwache nur Freiwillige rekrutiert, und auch nur solche mit Schweizer Staatsbürgerschaft. Aber der Sold ist mit 1800 Mark zu dürftig, um viele Schweizer nach Rom zu locken. Und deshalb besteht der Kirchenstaat nicht weiter auf das ohnehin nicht imposante Gardemaß von 174 Zentimetern. Nachwuchsmangel ist auch der Grund dafür, daß die 100 Mann starke Garde keinen neuen Kommandanten findet. Der alte, Oberst Roland-Buchs-Binz, hat gerade nach 21 Dienstjahren seinen Helm genommen (genauer: abgegeben) und wurde mit Fahne, Blasmusik und Dankesreden verabschiedet.

Bis zum 6. Mai soll der Vatikan einen Nachfolger gefunden haben, denn dieser Tag ist der große Tag im Jahreslauf der Garde. Am 6. Mai. 1527 ließen 147 Gardisten (mehr, als die Garde heute hat) ihr Leben, um Papst Clemens VIL vor den plündernden Landsknechten Kaiser Karls V. zu retten. Auch die Vereidigung der Garderekruten erfolgt am 6. Mai. Bedingung für den Dienst am Papst: Katholisch muß der Gardist sein; Schweizer Staatsbürger, ledig, unter 30 Jahren, und den Schweizer Militärdienst soll er auch schon abgeleistet haben. Hauptaufgabe der kleinsten Armee der Welt: Die Bewachung des Papstes und seiner Residenz. Im Jahr 2006 feiert die Garde ihr 500jähriges Bestehen. Papst Julius II. wählte sich diese Leibwache weil die eidgenössischen Infanteristen als tüchtige Kämpfer galten.

Die Schweizer Gardisten were heute - anders, als ihr Aufzug vermuten läßt - mit modernen Waffen ausgerüstet und ständig trainiert. Auch in der ehr unkatholischen Kampfsportart Judo. Außer der Garde verfügt der Papst noch über ein eigenes Polizeikorps.

Geht il papa auf Reisen, hat er immer auch Gardisten in Zivil dabei. Als am Mai 1981 der Attentäter Ali Agca den Papst schoß, sprang Garidst Alois Estermann auf den Oberhirten-Jeep, um Johannes-Paul II. mit seinem Körper zu schützen. Der heute 43jährige leitet die Garde kommissarisch, seit sich Oberst Buchs-Binz verabschiedete. Was auf gut schweizerisch geschah, nämlich dreisprachig: "Viva il Papa, vive la Suisse, läbe die päpstliche Schweizechgaade".

Thomas Schüsslin

Dieser Text wurde der tilt-Ausgabe 1/98 entnommen.