Die FJS-Connection - Im Schatten der Amigos

Deutsche Spürpanzer mit Hilfe gigantischer Schmiergeldern an die Saudis verkauft

Noch immer beschäftigt die deutschen Gerichte und Ermittler ein Waffendeal, der derart bizarr ist und in dem es derart vor erlauchten Namen wimmelt, daß es jedem anständigen Journalisten in der Feder juckt.

Die Augsburger Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, der bayerische Unternehmer und Franz-Josef-Strauß-Intimus Karlheinz Schreiber habe zu Beginn der 90er Jahre in Zusammenhang mit dem Verkauf von Flugzeugen und Kriegsgerät satte Bestechungsgelder an deutsche Politiker der zweiten Reihe gezahlt. Der frühere Rüstungsstaatssekretär Holger Pfahls (CSU) habe 3,8 Millionen Mark bekommen, der frühere CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep eine Million. An den Münchener Anwalt und FJS-Sohn Max Strauß seien 600 000 Mark geflossen, und der parlamentarische Staatssekretär beim Wirtschaftsministerium, Erich Riedl, soll eine halbe Million bekommen haben.

Ermittlungen laufen auch gegen drei Thyssen-Manager. Alle Beteiligten bestreiten, Bestechungsgelder kassiert oder gezahlt zu haben. Aber die immense Höhe der angeblichen Bestechungsgelder könnte auch Beleg für die gigantischen Renditen im Rüstungsgeschäft sein.

Seit fast zwei Jahren stockt das Verfahren – es ist wohl eines der brisantesten in der BRD. Am Rande tauchen Scheichs, dubiose Firmen in Liechtenstein, George Bush und Helmut Kohl auf. Die Ermittler legen sich bei der Aufklärung der Affäre nicht sonderlich ins Zeug, stellen die Verfahren aber trotz des entlastenden Materials gegenüber Riedl nicht ein. Das Belastungs-Material gegen Riedl ist so dürftig, daß der zuständige Ausschuß des Bundestages Riedl am 14. November diesen Jahres seine Immunität zurückgegeben hat. Der Vorsitzende des Immunitätsausschusses, Dieter Wiefelspütz (SPD): "Die zuständigen Justizbehörden haben nicht nachvollziehbar darlegen können, warum die Ermittlungen nach nunmehr 17 Monaten noch nicht abgeschlossen sind." Die Rückgabe der Immunität ist ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliges Ereignis: Der Bundestag zwingt die Justizbehörden damit, die Strafverfolgung einzustellen.

Vom Teppichhändler zum Millionär - oder:
Wie Thyssen Schmiergelder beim Finanzamt absetzt 

Schreiber, eigentlicher Drahtzieher des Deals, war erst Teppichhändler und dann Inhaber von Spezialfirmen, die Striche auf Flugzeugrollbahnen und Straßen pinselten. Er war ein Bewunderer von Franz-Josef Strauß und versuchte bei einer Grundstücksspekulation, Max Strauß am Big Biz teilhaben zu lassen.

Anfang der 90er wollte Thyssen 36 Militärfahrzeuge an Saudi-Arabien verkaufen, darunter zehn Spürpanzer. Es war ein Deal im Vorfeld des Golfkrieges. General Schwarzkopf hatte den Saudis dringend zum Kauf geraten, und George Bush hatte die Deutschen gedrängt, das Material zu liefern - ein bißchen als Wiedergutmachung für die deutschen Lieferungen von Giftgasfabriken an Saddam Hussein.

1990 treffen sich Schreiber, einige Saudis und ein Thyssen-Manager. Schreiber werden 1,35 Millionen Mark netto dafür versprochen, daß durch seine Vermittlung Thyssen den Arabern die Panzer vorstellen und ihnen ein Verkaufsangebot unterbreiten darf. Thyssen rechnet damit, bei dem 400-Millionen-Mark-Deal 47 Prozent für Schmiergelder zahlen zu müssen. Das scheint ein so normaler Vorgang zu sein, daß das Düsseldorfer Finanzamt die 188 Millionen Mark als abzugsfähig anerkennt. 24 von den 188 Millionen sind wohl über Schreiber geflossen, um entweder direkten Einfluß auf Entscheidungsträger zu nehmen, oder ein "günstiges politisches Klima" für diesen Deal herzustellen.

Der Verkauf mußte allerdings durch den Bundessicherheitsrat abgesegnet werden; das Außen-, Wirtschafts- und Verteidigungsministerium mußten konsultiert werden. Die Staatsanwaltschaft hat den Verdacht, Schreiber habe die freie Durchfahrt für die Panzer mit Bestechungsgeldern an deutsche Mandats- und Amtsträger erkauft. Karlheinz Schreiber mag sich zu all dem momentan nicht äußern. Er sitzt in der Schweiz und scheut die Einreise nach Deutschland.

Erich Riedls Ehefrau kann sich jedenfalls an einen Besuch von Max Strauß erinnern, der sich über die Terrassentür Zutritt zu ihrer Wohnung verschaffte. "Ihr habt doch 500 000 Mark von Thyssen bekommen", sagte Strauß jun. - es stehe eine Haussuchung an, bei ihm sei auch schon eine gewesen, und man möge doch das belastende Material verschwinden lassen. Wieviel an dieser Geschichte ist, weiß niemand so genau – aber das gilt auch für den Fall als ganzen. Fest steht nur eins: Wo es um Rüstung geht, werden rechtsstaatliche Prinzipien schnell außer Kraft gesetzt. Und Geld scheint nun wirklich keine Rolle zu spielen.

Jan Kiemein

 

Dieser Text wurde der tilt-Ausgabe 4/97 entnommen.