Dabei war am Anfang noch nicht einmal sicher, daß das Zivi-Orchester überlebt. Die erste Generation der zivilistischen Musikertruppe war bei der Inneren Mission unter Vertrag, für die sie Wohnungen entrümpelte und Hausmeisterjobs verrichtete. Und natürlich ist es ein Problem, wenn man sich vormittags Schwielen an die Hände gearbeitet hat und mit denselben Händen dann nachmittags eine Geige bedienen soll. Und dennoch hatten die Musikus-Zivis den Ruf, in einer Nobel-Dienststelle zu arbeiten ein Vorurteil, das mühsam ausgeräumt werden mußte.
Auch heute noch dürfen die sieben Musiker mit dem Zivildienstausweis erst mal in der Pflege ordentlich keulen, bevor sie akustisch auf die Menschheit losgelassen werden. Sie füttern alte Menschen, waschen sie und ziehen sie an. Vormittags. Nachmittags üben sie von der Klassik bis zum Volkslied. Die jungen Männer erarbeiten sich im Laufe der 13 Monate Zivildienst ein Repertoire von sechs bis sieben verschiedenen Programmen. Zum Vergleich: Beim Heeresmusikkorps der Bundeswehr dürften die Mitspieler wohl kaum morgens durchs Gelände robben.
Die Stadt bezuschußt das Projekt mit rund 45 000 Mark im Jahr. Aber sie bekommt auch was für ihr Geld. Die Jungs haben im letzten Jahr bei mehr als hundert Veranstaltungen vor mehr als 5000 Menschen gespielt.
Wer mit in Zivi-Musikkorps des Bundesamtes will, muß mehr mitbringen als nur musikalisches Talent. Er muß auch mit Menschen umgehen können, Teamgeist aufbringen und Belastbarkeit. Denn jeden zweiten Nachmittag geben sie ein Konzert, den Rest der Zeit verbringen sie mit üben. Aber immerhin kommen sie damit ein Stückchen weiter auf dem Weg zum Profimusiker ...
Jan Kiemein
Dieser Text wurde der tilt-Ausgabe 4/97 entnommen.