Die türkischen Militärs schmeißen das Geld beiden Händen zum Fenster hinaus. Können sie sich auch leisten: Für die nächsten zehn Jahre stehen in der Türkei 31 Milliarden Dollar für die Modernisierung der Truppe zur Verfügung. Und der Generalstab in Ankara unterliegt praktisch keiner zivilen Kontrolle: Man spendiert sich die Gelder selbst; gegebenenfalls müssen Parlament oder Regierung halt einen Nachtragshaushalt genehmigen, was diese auch ordentlich und fromm tun. Der Rest der Einnahmen kommen aus dem Glücksspiel: Wer in der Türkei Toto oder Lotto spielt und bei Pferderennen wettet, finanziert damit die staatlichen Rüstungsbetriebe.
Auf so einen solventen und unproblematischen Kunden sind natürlich viele Rüstungsunternehmer scharf. Und, wie es aussieht, hat sich Israel diesen dicken Brocken geangelt. Der israelische Generalstabschef hat zu Gesprächen mit den türkischen "Kollegen" Kataloge und Bestellscheine mitgebracht. Ein Infantriegewehr? Einen Panzer? Eine Rakete? Kein Problem. Kommt sofort.
Die Türkei möchte sich von den unwilligen Lieferanten in Europa und Amerika lösen und mit israelischer Hilfe eine eigene Rüstungsindustrie aufbauen; Israel möchte Syrien ein bißchen Angst machen und sich nebenbei einen neuen Rüstungsmarkt erschließen.
Ankara will in den nächsten Jahren 800 Millionen Mark in neue Kampfpanzer investieren. Israel hat einen der besten Panzer der Welt zu bieten. Außerdem wollen die Israelis die türkische Luftwaffe modernisieren, sollen Raketen liefern und die Türken mit einem fliegenden Frühwarnsystem ausstatten.
Und sie bezahlen sogar für dieses Privileg. Die türkischen Top-Militärs hatten klargemacht, nur "Freunde" würden für Waffendeals in die engere Wahl gezogen, Die Regierung reagierte prompt und machte die Ernennung von Ehud Toledano zum Botschafter in Ankara rückgängig. Der Historiker hatte vor mehr als einem Dutzend Jahren den Massenmord der Türken an den Armeniern im ersten Weltkrieg thematisiert. Ankara aber leugnet diesen Massenmord bis auf den heutigen Tag.
Jan Kiemein
Dieser Text wurde der tilt-Ausgabe 4/97 entnommen.