Ausgerechnet in Hammelburg traf sich jetzt die "Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger" zu ihrem 43. Bundestreffen. Das Ritterkreuz bekamen Soldaten im 2. Weltkrieg für "hervorragende Tapferkeit, weit überdurchschnittliche Verdienste in der Truppenführung oder eine kampfentscheidende Leistung nach selbständigem Entschluß". Die Auszeichnung wurde stets von Adolf Hitler höchst persönlich verliehen. Unter den 7318 Soldaten mit Ritterkreuz finden sich auch 438 Mitglieder der Waffen-SS. Auch heute noch stecken viele der überlebenden Ritterkreuzträger mit einem Knobelbecher tief im braunen Sumpf, wie ein Blick in die Vereinszeitung deutlich macht. Bereuen ist nicht.
Die Bürgeraktion "Solidarität statt Rassismus" aus Schweinfurt forderte deshalb Verteidigungsminister Volker Rühe dazu auf, das Veteranentreffen zu verhindern. Seitens der deutschen Nachkriegs-Armee war die Bereitstellung zweier Bundeswehr-Ehrenposten (rund 30 Mann), die an das städtische Ehrenmal zur Totenehrung abkommandiert werden sollten, vorgesehen. "Es gibt keinen Grund, an der Totenehrung nicht teilzunehmen", fand der Hammelburger Bundeswehr-Standortsprecher Peter Rohmann.
Die bayrische SPD-Chefin Renate Schmidt hat die Beteiligung der Bundeswehr als "nicht tragbar" bezeichnet und zugleich hinzugefügt, daß sie die Bürgeraktion nicht unterstütze, da dort auch die PDS beteiligt sei. Die Grünen unterstützen die Forderung der Bürgeraktion.Der Ort Hammelburg hat Symbolcharakter: Hier werden Bundeswehrsoldaten zusammen mit verschiedenen NATO-Soldaten und inzwischen auch Soldaten aus osteuropäischen Ländern für Out of-Area-Einsätze ausgebildet. Hier werden Kriegseinsätze geübt ...
Das Treffen der Ritterkreuzträger ist beileibe kein Einzelfall. Verschiedene Vereine der "Alten Kameraden" treffen sich in fast jeder Bundeswehrkaserne. Die Bundeswehreinheiten haben Patenschaft übernommen für "Kameradschaften" der Wehrmacht und der Waffen-SS. Besonders pikant hier der Fall in Calw: Dort ist die neue Eliteeinheit der Bundeswehr das Kommando Spezialkräfte stationiert. Sie hat offiziell die Patenschaft für die Alten Kameraden der 78. Sturm- und Infantriedivision der Wehrmacht, die nachgewiesenermaßen in Verbrechen gegen die russische Zivilbevölkerung verwickelt war.
Dank der Proteste fand das Treffen der Ritterkreuzträger in Hammelburg schließlich ohne Beteiligung der Bundeswehr statt: Ein klarer Erfolg für die Bürgeraktion "Solidarität statt Rassismus" und der sie unterstützenden Gruppen. Aber richtig freuen kann man sich darüber nicht. Die Initiative zur Bundeswehr-Absage ging nicht von der Bundeswehr selbst aus, sondern von den Ritterkreuzträgern. Es wurden zwar keine "Ehrenposten zur Totenehrung" abgestellt, aber dennoch fand das Treffen der Ritterkreuzträger statt - und es fand statt in Bundeswehr-Räumen. Der braune Sumpf blubbert noch auch auf Bundeswehr-Gelände. ##Autorenzeile##
tilt
Dieser Text wurde der tilt-Ausgabe 4/94 entnommen.